Donnerstag, den 19.05.2022
Mein Weg nach Quedlinburg führt mich an der Odertalsperre vorbei und ich freue mich, dass die Talsperre im Gegensatz zu 2020 voll ist.
Mein erstes Ziel ist wieder das Schloss Stiege. Hier war ich im Winter schon einmal bei Nieselregen. Heute ist es sonnig und warm und das Schloss mit dem See davor, zeigt sich auch durch die grünen Bäume sehr malerisch. Ich setze mich auf eine Bank am See und esse etwas. Eine Frau aus dem nahegelegenen Haus beäugt mich misstrauisch.
Auf der Weiterfahrt ist es trotz Klimaanlage sehr schwül im Auto.
In Harzgerode fahre ich erstmal einen Parkplatz an und schaue auf den Plan. Erst als ein älterer Herr in dem Auto neben mir aussteigt, bemerke ich, dass dort jemand drinsitzt. Er fragt mich, ob er mir helfen könne und erklärt mir netterweise den Weg. Da er Zeit und Langeweile hat, weil er auf seine Enkelin wartet, bietet er mir an, vor mir her zu fahren. Ich nehme das Angebot erfreut an. Er hält dann vor dem Sparkassen-Parkplatz an und gibt mir Zeichen. Ich parke, steige aus und gehe in seine Richtung und bedanke mich.
Das Schloss Harzgerode gefällt mir nicht so. Leider versäume ich es, auch einmal der Straße folgend um das Schloss herum zu gehen. So hätte ich auch den Rundturm und die Schlossanlage besser geschätzt. So gehe ich nur durch den Haupteingang in den Innenhof. Hier sind große Schirme aufgestellt und verhindern, dass man vernünftige Fotos machen kann. Ich gehe ins Schloss, bezahle Eintritt und ein Museumsmitarbeiter öffnet die Türen und steht für Fragen bereit. Es ist mehr die regionale Geschichte der Stadt und Fabriken ausgerichtet, mit denen ich nichts anfangen kann.
Harzgerode hat einen Bezug zu Felix Graf von Luckner: Er war Kommandant des Hilfskreuzers SMS Seeadler im Ersten Weltkrieg und Schriftsteller. Er soll im KZ Lichtenburg bei Torgau gewesen sein. Er ist nicht unumstritten. Man sagt ihm viel „Seemannsgarn“ nach.
Mit den Namen der früheren Schlossbesitzer kann ich bis auf die Grafen von Stolberg nicht so viel anfangen.
Eigentlich hätte man von Harzgerode gut nach Blankenburg fahren können, wie gesagt hätte, wenn die Baustelle nicht wäre. Ich beschließe bis Hasselfelde zurück zu fahren, das ist zwar länger, aber schneller.
In Blankenburg folge ich den Schildern zum Schloss, biege links ab und lande direkt unterhalb des kleinen Schlosses auf einem Parkplatz. Dies bestätigt mir ein netter Herr, der sich um den Parkplatz kümmert. Ich laufe durch den Terrassen-Schlossgarten nach oben zum großen Schloss und biege vorher bei der Gaststätte ab. Eine Dame bestätigt mir, dass ich von dort zum Schloss kommen würde. Nun wird es steiler und ich setze mich noch kurz auf eine Bank und genieße den Ausblick auf die Stadt.
Oben angekommen gehe ich erst einmal durch den rechten Torbogen. Er führt abwärts wahrscheinlich zu den ehemaligen Gebäuden der Bediensteten. Nun gehe ich links um das Schloss und komme in den Innenhof, der noch sehr renovierungsbedürftig ist und mich an das Schloss Lichtenburg bei Torgau erinnert, bevor es renoviert wurde. Von außen und von unten sieht das Schloss recht gut aus.
Am Parkplatz wieder angekommen, fällt mein Blick auf ein Hinweisschild zur „Teufelsmauer“. Da meine Parkzeit noch nicht abgelaufen ist, folge ich dem Hinweisschild, überquere eine Straße und stehe nach einer Weile vor dem Holzschild „Teufelsmauer“. Von hier aus kann man anscheinend los gehen. Die Felsen waren aber schon am Anfang der Straße zusehen. Ich kehre dorthin zurück und mir fällt jetzt erst auf, dass eine recht schmale und ausgetretene Treppe nach oben führt. Ich steige ein Stück nach oben und merke, dass es etwas dauern kann, bis ich oben bin. Ich gehe zurück. (Später erfahre ich, dass dieser Wanderweg sehr anspruchsvoll sein soll und alpine Vorkenntnisse gut seien.)
Gegen 17:45 h bin ich in Quedlinburg vor der Ferienwohnung und rufe die Vermieterin an. Ich erhalte den Türcode. Gegen 18:30 h gehe ich noch zur Gaststätte „Himmel und Hölle“ und bezahle die zwei Übernachtungen. Inzwischen ist es kühler geworden und es fallen ein paar Regentropfen. Wieder in der Ferienwohnung schalte ich den Fernseher ein. Irgendwie habe ich bei fremden Fernsehern immer das Problem, dass sie sich beim An- und Ausschalten „störrisch“ anstellen und ich schwer die Programme wechseln kann.
Vor dem Einschlafen genieße ich mein Bier. Es ist noch laut auf der Straße. Eine Gruppe grölt heiser “Verdammt ich lieb Dich, lieb Dich nicht“. Viele Autos fahren über das Kopfsteinpflaster. Als ich dann im Bett liege, quietscht die Matratze. Als ich mich mit Ohropax ausgestattet mehr in die Mitte lege, lässt es sich aushalten.
Letztes Jahr im September hat die Matratze noch nicht gequietscht und es gab mehr WC-Papier. Eine ¾ Rolle für zwei Tage ist recht sportlich. Eine Ersatzrolle finde ich nicht, aber ich habe ja vorgesorgt.
Freitag, den 20.5.2022
Nach dem Frühstück fahre ich nach Halberstadt. Ich finde in der Schmiedestraße ganz in der Nähe des Doms einen Parkplatz. Die Stadt mit seinen riesigen Kirchen, dem Dom, der Straßenbahn und den Mietskasernen gefällt mir überhaupt nicht. Sie ist zu 80 % zerbombt worden und hat entsprechend wenig Fachwerkhäuser. Für die Innenansicht des Doms und den Domschatz mochte ich auch kein Geld ausgeben.
Gleich neben dem Dom befindet sich das Gleimhaus. „Es ist eines der ältesten deutschen Literaturmuseen. Eingerichtet wurde es 1862 im ehemaligen Wohnhaus des Dichters und Sammlers Johann Wilhelm Ludwig Gleim“. (Wikipedia). Ich beschließe es mir anzusehen. Leider kann ich mich nicht so dafür begeistern wie die Damen am Schalter. Aus der Gedichte-Lesenden jungen Buchhändlerin ist eine Realistin geworden, die die Schriftsteller nicht mehr auf ein Treppchen stellt und hinterfragt. Da gibt es wenig Euphorie. Der Zauber der Buchstaben stellt sich nicht mehr ein.
Gleim hat gesammelt und führte einen regen Briefwechsel mit einigen der damaligen Prominenten. Dadurch entstand ein Bild über das damalige Leben. Er hatte ein sehr freies Verständnis von Freundschaft. Ich würde eher sagen, dass er viele Bekannte hatte.
Wenn er Briefe schrieb, stellte er sich Bilder mit Portraits auf eine Staffelei vor seinen besonderen Schreibstuhl. Er hatte u.a. einen Briefwechsel mit Gotthold Ephraim Lessing und Gottfried-August Bürger aus Göttingen (Skandalprofessor, lebte mit Frau und Geliebter und Kindern unter einem Dach, nach ihm ist die Bürgerstraße benannt.)
Nun zieht es mich wieder zu den Schlössern. Die Damen können mein Interesse an Burgen und Schlössern nicht teilen, zeigen mir aber auf dem Stadtplan, wie ich nach Röderhof komme.
Das Schloss Röderhof liegt etwas versteckt gleich links hinter dem Ortseingang Röderhof. Es gefällt mir gut. Leider ist es im Privatbesitz und man darf den Hof nicht betreten, aber man kann im Hof einen Kreuzgang sehen, der zum Teil aus Steinen aus dem ehemals aufgegebenen Kloster Huysburg bestehen soll. Man kann auch rechts an dem Schloss auf der Straße vorbeigehen.
Auf dem Weg zur Burg Schlanstedt fahre ich versehentlich über Dingelstedt am Huy. Es gibt hier fast nur Kopfsteinpflasterstraßen. Schrecklich. Auch ansonsten macht der Ort einen verschlafenen Eindruck und ich will so schnell wie möglich weg aus dem Ort und wieder auf Asphalt fahren.
Die Burg Schlanstedt thront weit sichtbar über das Land. Man kann sie schon kilometerweit sehen. Die Fahrt dorthin lohnt sich nicht. Die Burg wird noch sehr lange renoviert werden müssen. Sie ist im Privatbesitz und zurzeit für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Auf dem Rückweg nach Halberstadt finde ich die Straße zur Huysburg. Die ehemalige Huysburg wurde schon früh in ein Kloster umgewandelt und mehrfach zerstört. Laut eigener Chronik wurde das Kloster mit dem landwirtschaftlichen Gut verstaatlicht und von König Friedrich Willhelm III. an Karl Friedrich von dem Knesebeck verschenkt. Er war auch der Besitzer von Schloss Röderhof. Heute ist die Huysburg wieder ein Kloster und man kann dort auch übernachten und Seminare besuchen.
Da ich nur zwei Stunden mit Parkscheibe in der Nähe der Quedlinburger Ferienwohnung parken kann, beschließe ich das Auto auf dem äußeren Ring kostenlos abzustellen. Ich gehe dann zu Fuß durch die Altstadt. Auf dem Weg befinde ich mich plötzlich im „Vorhof der Hölle“. Hölle ist eine Straße. Es ist sehr heiß und ich gehe lieber in die Wohnung und lese.
Es ist 18 h und ich kann nun kostenlos in der Nähe der Wohnung parken. Als ich losgehe, um das Auto zu holen, fängt es an zu nieseln. Leider fängt es nun richtig an zu schütten. Die Jeans ist bis oberhalb der Kniee nass. Auch die Schuhe sind feucht, aber dicht. Ich versuche alles mit dem Föhn zu trocknen.
Samstag, den 21. Mai 2022
Um 12 h bin ich beim Kloster Walkenried verabredet. Ich benötige zwei Stunden, um dorthin zu kommen. Kilometermäßig ist es nicht weit, aber man kann zum Teil wegen der kurvenreichen Strecke nicht schnell fahren. Ich fahre durch Dörfer und Orte, von denen ich schon einmal gehört habe (u.a. Ilfeld, Niedersachsenwerfen, KZ-Zwangsarbeiter), aber auch nicht unbedingt ein zweites Mal besuchen muss. Da die Beschilderung mal wieder zu wünschen übriglässt, halte ich in einem Ort hinter einem Baufahrzeug auf der Straße und frage die beiden Handwerker nach dem Weg. Die Wegbeschreibung des zweiten Handwerkers ist sehr detailliert. Ich bin richtig, um nach Ellrich zu kommen. Ich fahre in Ellrich an der Stadthalle vorbei, in der ich vor Jahren anlässlich einer Gedenkfeier einen Vortrag von Prof. Dr. Jens Christian Wagner über das KZ Ellrich anhörte. Ich hatte im Anschluss dort mein Auto stehen lassen und bin mit zwei wildfremden Männern (ein Zeitzeuge und sein Begleiter) in deren Auto mit zu ihrem Hotel gefahren, um ein Interview mit dem Zeitzeugen zu führen. Der Zeitzeuge war nicht sehr gesprächig. Danach hat mich sein Begleiter wieder zu meinem Auto gefahren. Abends um 23 h war ich dann zuhause.
Von Ellrich aus ist der Weg zum Kloster Walkenried zwar gut ausgeschildert, aber es gibt eine Baustelle und Autos wenden. Ich fahre zwar etwas weiter, kann aber den Parkplatz nicht sehen, sondern nur die Baustelle. Ich wende und suche mir einen Parkplatz in der Nähe des Jagdschlosses. Wäre ich weitergefahren, hätte ich links hinter einem Gebäude den Parkplatz gefunden. Meine Verabredung treffe ich dann vor dem Museum für das UNESCO-Erbe (kostenloser Eintritt).
In den Klostergängen war ich schon vor ca. 30 Jahren und hatte an einer Führung (Flüsterbogen und Erklärung woher der Begriff „Die Klappe halten kommt“) teilgenommen.
Wir laufen ein wenig auf dem Gelände. Ich fotografiere die Ruinen. Das Wetter ist diesig, der Wind kühl, aber es regnet nicht.
Das Wetter und ein Termin hält uns davon ab, noch einen der ausgeschilderten kurzen oder längeren Spaziergänge zu unternehmen. So bin ich dann ca. 15 h zuhause.
(c) Ingeborg Lüdtke
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